Die Funktionen

Das Laguiole Messer hat eine Klinge und kann zusätzlich über die Funktionen Korkenzieher und Dorn verfügen.


Das ursprüngliche Laguiole Messer nur mit Klinge

Das ursprüngliche Laguiole Messer war inspiriert von einem Klappmesser aus Nordspanien, dem Navaja. Händler brachten es von Ihren Reisen mit ins Aveyron.

Gegen 1830 entwickelte der Schmied Pierre-Jean Calmels den noch heute verwendeten Slipjoint-Mechanismus, bei dem die Klinge sowohl im geöffneten, als auch im geschlossenen Zustand von einer Feder in Position gehalten wird.

Aus der Kombination von Navaja und Slipjoint-Mechanismus entstand das erste Lagiole Messer, das Laguiole Droit, welches nur eine Funktion hatte - Die Klinge.


Der Dorn

Der Dorn kam ca. in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts nach der Klinge als zweite Funktion des Taschenmessers dazu. Das Messer war unter anderem bei Viehhirten und Fuhrleuten weit verbreitet.

Wenn Widerkäuer wie Schafe oder Rinder eine Kolik bekommen, bläht sich der Darm durch die entstehenden Gase auf. Das kann so stark werden, dass der Mensch eingreifen muss.

In einem solchen Fall wird der Darm durch die Bauchdecke punktiert, dafür war der Dorn des Taschenmessers ein ideales Werkzeug.

Ebenso konnten die Fuhrleute den Dorn gut gebrauchen, wenn Sie bei Reparaturen des Lederzaumzeugs Löcher in das Material stechen mussten.


Der Korkenzieher

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts suchten viele junge Männer aus dem Aveyron ihr berufliches Glück in der Ferne. Viele gingen nach Paris, wo Sie als Mitarbeiter in der Gastronomie sehr geschätzt waren.

Auch verdienten etliche ihren Lebensunterhalt als Limonadenverkäufer. In beiden Fällen waren verkorkte Flaschen zu öffnen. Daher wurde dem Laguiole Messer etwa um 1880 noch ein Korkenzieher hinzugefügt.


Die Bauarten

Aus der Kombination der drei Werkzeuge ergeben sich vier verschiedene Bauarten:

1-teilig / nur Klinge

2-teilig / Klinge und Korkenzieher

2-teilig / Klinge und Dorn

3-teilig / Klinge, Korkenzieher und Dorn


Teile und Aufbau eines Laguiole Taschenmessers

1-Linke Griffschale / 2,3,9-Nieten / 4-Dorn / 5,6-Ressort (Feder) / 7-Rechte Griffschale /
8-Rechte Platine / 10-Linke Platine / 11-Vordere Backen / 12-Hintere Backen

Die Größenangabe

Die Größe des Laguiole Taschenmessers wird üblicherweise in Zentimetern Grifflänge angegeben. Laguiole Messer werden in vielen verschiedenen Größen angeboten.

Von kleinsten Modellen mit 7 cm Grifflänge für den Schlüsselanhänger bis hin zu Sondermodellen mit über 20 cm Länge ist alles möglich.

Die meistverkauften Laguiolemesser sind jedoch die 11 und 12 cm Modelle. Die 11 cm Modelle mit ca. 9 cm Klingenlänge sind sehr handlich und werden gerne von Damen genutzt.

Die 12 cm Messer mit ca. 10 cm Klingenlänge sind für eine normal große Männerhand gut geeignet.


Biene oder Fliege

Ob es nun so oder so heißt, darüber wird mancherorts immer noch gestritten. Üblicherweise kann man aber beide Begriffe für die Kleine Verzierung am vorderen Griffende des Laguiole Messers verwenden.

In früheren Zeiten war anstelle der Biene allenfalls eine unverzierte Metallplatte zu finden, die als Anschlag für die Klinge diente, oder die bei einigen Messern einen Entriegelungsmechanismus für die Klinge auslöste.

Die verzierte Form, gerade auch als Biene oder Fliege, ist wohl erst relativ spät, mit Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, als das Laguiole Messer auch in den höheren Kreisen des Bürgertums beliebt wurde.

Das original Laguiolemesser muss aber nicht zwingend eine Abeille (Biene) oder Mouche (Fliege) haben. Es gibt eine Vielzahl anderer Symbole, unter denen der Laguiole Liebhaber seinen Favoriten wählen kann:

  • Jakobsmuschel als Symbol des Pilgers
  • Freimaurersymbol
  • Katharerkreuz
  • Okzitanisches Kreuz
  • Glücksklee
  • Bourbonenlilie
  • uvm. ...

Die Biene kann auf zwei verschiedene Arten mit der Feder verbunden sein. Entweder wird sie als kleines Metallteil vorgestanzt und auf die vorbereitete Feder geschweißt, oder aber mit der Feder zusammen aus einem Metallstück geschmiedet.

Die geschweißte Biene lässt sich gut an dem Spalt zur Feder hin erkennen. Die besonders hochwertigen Laguiole Messer haben geschmiedete Feder und Biene.


Platine / zisellierte Platine / Doppelplatine

Die Platinen umschließen auf der Oberseite des Griffs die Feder (Ressort). Auf der Unterseite bilden Sie die Lücke, in der die Schneide der Klinge im geschlossenen Zustand sicher bewahrt wird.

Es gibt bei Laguiole Taschenmessern drei Ausprägungen der Platine, die den Preis des Messers maßgeblich beeinflussen:

Einfache Platine - unverziert

Einfache Platine - von Hand ziselliert (verziert)

Doppelplatine - von Hand zieselliert (verziert)


Die Backen

Als Backen bezeichnet man die rund ausgeformten Metallplättchen, die den Griff nach vorne und hinten abschließen. Sie sind ein verzierendes und gleichzeitig auch stabilisierendes Element für den Griff des Laguiole Taschenmessers.

Ein Laguiolemesser muss nicht zwingend Backen haben. Es gibt auch Modelle, bei denen die Griffbeschalung durchgehend aus Holz, Horn oder anderen Materialien besteht. Diese Modelle werden als "plein manche" bezeichnet.

Die Taschenmesser mit "plein manche" müssen besonders akkurat gearbeitet sein. Der vordere Splint, der die Bewegungsachse der Klinge bildet, muss das Griffmaterial, Platine, Feder und Klinge mit Druck verbinden.

Das ist notwendig, damit die Klinge im geöffneten Zustand des Messers nicht wackelt, also kein oder nur sehr wenig Klingenspiel besitzt. Da aber die typischen Griffmaterialien wie Holz oder Horn viel empfindlicher als Metallbacken sind, ist hier beim Vernieten besondere Vorsicht gefragt.

Die Modelle mit Metallbacken haben entweder 2 Backen (vorne und hinten) oder eine Backe (Entweder vorne am Hauptsplint oder am Griffende). Die Backen wurden früher traditionell aus Messing gefertigt.

Heute haben sich Backen aus Edelstahl, entweder glänzend poliert oder satiniert, weitgehend durchgesetzt.

Bitte beachten Sie:

Bei Qualitätsmessern sind die Backen aus vollem Metall gearbeitet. Bei billigen Imitaten werden häufig nur "Blechförmchen" aufgesetzt, die natürlich keinerlei stabilisierende Funktion haben können.


Der Griff

Zu Zeiten, als das Laguiole Taschenmesser noch der tägliche Begleiter der Hirten, Bauern und Händler war, wurde nur eine begrenzte Zahl Griffmaterialien aus der Region verwendet.

Typische, ursprüngliche Materialien für den Messergriff waren alle lokal wachsenden Hölzer, wie zum Beispiel Buchsbaum, Wacholder, Eiche oder Pflaume, sowie das Horn der bekannten Laguiole Rinder.

Als die Laguiolemesser dann im Bürgertum beliebt wurden, mussten auch die Griffmaterialien edler werden. Heutzutage gibt es eine schon fast übergroße Auswahl an Möglichkeiten. 

Grob kann man die Materialien für die Messergriffe in drei Hauptgruppen einteilen. Die erste Gruppe stellen die Hölzer dar.

Neben den oben genannten traditionellen Hölzern aus der Region um Laguiole erhält man heute bis hin zu exotischen Edelhölzern aus den Tropen eine enorme Materialvielfalt.

Die zweite Materialgruppe ist das Horn. Neben dem traditionellen Rinderhorn sind heute besonders die Hörner von Widder, Büffel, Hirsch und Zebu sehr gefragt.

Wer es besonders exklusiv mag, wählt das Elfenbein von Mammuts für sein Taschenmesser. Das Elfenbein dieser längst ausgestorbenen Tiere findet man heute im Permafrostboden Sibiriens, wo es die letzten bis zu fünfzigtausend Jahre überdauert hat.

Die dritte Materialgruppe ist Acryl oder Kunststoff. Diese Materialien werden entweder für günstigere, oder aber für farblich besonders auffällige Modelle verwendet.


Das Hirtenkreuz

Das bekannte Hirtenkreuz kam wahrscheinlich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf. Heute sind die allermeisten Laguiole Messer damit ausgestattet.

Wenn es vorhanden ist, befindet es sich auf der linken Griffseite. Es besteht üblicherweise aus 6 kreuzförmig angeordneten Drahtstiften, deren Kreuzungspunkt die mittlere Hauptniete des Griffs bildet.

Aufrecht gestellt, diente das Messer mit dem Kreuz in vergangenen Zeiten dem gläubigen Besitzer als kleiner Altar.

Das Vorhandensein des Hirtenkreuzes ist allerdings nicht zwingend Merkmal eines original Laguiole Taschenmessers.

Bei einigen Modellen, die zum Beispiel Intarsien in der Griffschale haben, oder bei sehr unebenen Griffmaterialien, wie zum Beispiel Widderhorn mit Kruste, wird üblicherweise kein Kreuz eingelassen.


Die Klinge

Das Laguiole Messer hat ein elegante, schlanke Klinge, die dünn ausgeschliffen ist und am vorderen Ende sehr spitz zuläuft.

Sie wird vom sogenannten Slipjoint Mechanismus, dem Zusammenspiel von Klingenende und Feder in Position gehalten. Traditionelle Laguiole Messer haben keine zusätzliche Klingenverriegelung wie z.B. Liner Lock oder Back Lock.

Nur einige besondere Modelle mit jagdlicher Ausprägung verfügen über eine Klingensperre. Es handelt sich dabei aber um Sondermodelle, die auch in ihrer Form vom Ursprung abweichen.

Die bekannten Schmieden des original Laguiole Taschenmessers verwenden in der Regel rostfreie Stähle wie zum Beispiel den 12c27 Sandvik Stahl oder den T12 Stahl.

Diese Stähle zeichnen sich durch eine hohe Korrosionsträgheit bei trotzdem guter Härte und Schnitthaltigkeit aus.

Nur ein geringer Teil der Messer besitzt eine Klinge aus Kohlenstoffstahl (Carbonstahl). Diese Stähle (z.B. der XC75 Kohlenstoff-Stahl) sind zwar härter und somit schnitthaltiger, lassen sich aber schwerer schärfen und besitzen den Nachteil, dass sie nicht korrosionsbeständig sind.

Daher werden diese Klingen eher von Sammlern nachgefragt, denn sie benötigen im täglichen Gebrauch mehr Pflege.

Eine gestalterisch sehr interessante Art ist die Ausführung Brut de Forge. Dabei werden Teile der Klinge im roh geschmiedeten Zustand belassen.


Dann gibt es abschließend noch die Gruppe der Damaststähle. Für Klingen von Laguiole Taschenmessern wird hauptsächlich hammergeschmiedeter Damast oder pulvermetallurgisch hergestellter Damasteel verwendet.

Die schöne Linienführung des Klingenmusters entsteht dabei durch gezielte Deformierungen oder Verdrehungen des Damaststahls.

Eine Damastklinge kann ein Laguiole Taschenmesser erheblich verteuern. Je nach Ausführung kann Sie den Verkaufspreis um 250,- bis 300,- EUR erhöhen.


Üblicherweise werden in die Klinge folgende Informationen eingeschlagen:

  • Das Logo der Schmiede (Wichtigstes Kriterium!)
  • Die Bezeichnung des Klingenstahls
  • Ein Hinweis auf die Herstellung in der Ursprungsregion Laguiole (L.O.G. Laguiole Origine Garantie / L.A.G. / "L" im Kreis)

Woran man original Laguiole Messer erkennt

Die Originale erkennt man ausschließlich daran, dass Sie aus einer der anerkannten Messerschmieden in und um Laguiole stammen und, dass das Logo der Schmiede auf der Klinge erkennbar (in der Regel eingeschlagen) ist.

Natürlich gehört auch die charakteristische Form dazu, die das Laguiole Messer ausmacht. Allerdings sind die Form und auch der Name Laguiole nicht urheberrechtlich geschützt.

Deshalb findet man immer wieder billige Kopien auf dem Markt, die aber mit dem Original außer der Formgebung nichts zu tun haben.

Ein originales Laguiole Taschenmesser kostet in der kleinsten, einfachsten Ausführung ab ca. 90,- EUR. Nach oben haben die Preise deutlich Spielraum.

Je nachdem, wie aufwändig die Verarbeitung ist, kann ein solches Taschenmesser auch schon einmal über 3.000,- EUR kosten.

Bei allem was günstiger angeboten wird, sollte man sehr vorsichtig sein.

Anerkannte Schmieden aus der Ursprungsregion, deren Produkte Sie bedenkenlos erwerben können sind:

Historisch gesehen, kann man auch einigen Schmieden in Thiers nicht absprechen, dass sie für sich ebenfalls in Anspruch nehmen, original Laguiole Messer herzustellen.

Denn als nach dem 2. Weltkrieg die Messer-Herstellung in Laguiole fast gänzlich zum Erliegen kam, waren es zunächst Schmiedebetriebe aus Thiers, die die Tradition des Laguiole Messers fortführten.

Einige anerkannt gute Schmieden in Thiers, die auch Laguiole Messer herstellen, sind:

  • Robert David
  • Fontenille Pataud
  • Claude Dozorme
  • Arbalete Genes David

Derzeit gibt es Bestrebungen, das Laguiole Messer bei der EU als regionales Qualitätserzeugnis schützen zu lassen.

Bisher war der Schutz der g.A. (Geografischen Angabe) nur für Lebensmittel, wie z.B. Rioja-Wein, Parma Schinken, Roquefort-Käse o.ä. Produkte möglich.

Sollte dieser Schutz gelingen, würde durch ein Siegel endlich Klarheit darüber herrschen, welches Messer sich Original Laguiole nennen darf.

Bis dahin bleibt die Möglichkeit, Produkte nur aus den namhaften Schmieden zu erwerben, die nachweislich in der Ursprungsregion beheimatet sind und dort den gesamten Herstellungsprozess durchführen.